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Schritt 1

Die Qual der Wahl

Blumenwiese ist nicht gleich Blumenwiese. Die Artenzusammensetzung ist stark abhängig von der Qualität der Böden sowie den klimatischen Voraussetzungen. Bevor es also zur eigentlichen Aussaat kommt, müssen diese abiotischen* Umweltfaktoren betrachtet werden. Zudem muss die Frage beantwortet werden: Welches Saatgut ist für diesen Standort geeignet? Bei der Wahl des Saatguts ist es besonders wichtig, auf die Herkunft zu achten. Gezüchtete und fremde Pflanzenarten sollten in der Saatmischung nicht enthalten sein. Diese bieten für die heimischen Insektenarten meist kein passendes Angebot an Pollen, Nektar oder Raupenfutter.

 

*Als abiotisch werden alle Umweltfaktoren zusammengefasst, an denen Lebewesen nicht erkennbar beteiligt sind. Sie umfassen unter anderem Klima, Atmosphäre, Wasser, Temperatur, Licht, Strömung, Salinität, Konzentration an Nährsalzen und anderen chemischen Stoffen.

In den letzten Jahrzehnten wurden im Gartenbau wie auch in der Landwirtschaft vermehrt (Zucht)Pflanzen von unbekannter Herkunft verwendet. Dies führt jedoch zu drastischen Veränderungen innerhalb des Ökosystems mitsamt seinen Bewohnern und schließlich auch zum Verlust der Artenvielfalt. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, entwickelte das Institut für Umweltplanung der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover unter der Leitung von Prof. Dr. Rüdiger Prasse sowie mit der Förderung der Deutschen Bundesstiftung für Umwelt (DBU) eine bundeseinheitliche Gliederung Deutschlands in 22 Herkunftsregionen (siehe Abbildung links). Durch diese Abgrenzung der Herkunftsregionen soll lokales Regiosaat oder -pflanzgut nicht mehr deutschlandweit vermischt werden und damit die regionale Biodiversität erhalten bleiben. Gerade auf genetischer Ebene gibt es innerhalb einer Art lokal-spezifische Unterschiede, die zu besonderen Anpassungen hinsichtlich des Standorts führen können. Somit kann die gleiche Pflanzenart nicht an jedem Standort gleich gut wachsen: Ein Individuum aus Herkunftsregion 18 (Alpenvorland) wird weniger gut mit den Standortbedingungen an der Küste (Herkunftsregion 1 oder 3) zurechtkommen und umgekehrt.
Zur Überprüfung der Herkunftsqualität können die Zertifikate VWW oder auch RegioZert herangezogen werden. Diese garantieren eine lückenlose Rückverfolgung des Saatguts bis in die Herkunftsregion.

Ein weiteres wichtiges Kriterium bei der Auswahl des Saatguts ist die Nachhaltigkeit des Nektar- und Pollenangebots. Am besten erreicht man diese mit mehrjährigen Pflanzenarten. Zertifizierte heimische und mehrjährige Wildblumenmischungen erhalten Sie z.B. bei:

- Rieger-Hofmann GmbH

- Saaten Zeller GmbH & Co. KG

- Appels Wilde Samen GmbH


Schritt 2

Die Vorbereitung des Saatbetts

Wenn das passende Saatgut für die Blühfläche bestimmt ist, kann mit der Flächenvorbereitung begonnen werden. Besonders wichtig ist es, ein sauberes und aufgelockertes Saatbett zu schaffen. Wurzelunkräuter wie Ackerwinde, Ackerkratzdistel, Weißklee, Ampfer und gewöhnliche Quecke sowie Samenunkräuter wie Ackermelde, Hirtentäschel, Hirse und Ackerhellerkraut sollten entfernt werden. Zudem sollte der Boden aufgelockert werden.

Je nach Art der vorherrschenden ungewollten Beikräuter müssen wiederholt verschiedene Methoden der Bodenvorbereitung angewandt werden. Wurzelunkräuter können mit der Hand ausgestochen werden. Der Umbruch der Fläche kann manuell oder mit maschineller Unterstützung wie mit einem Grubber oder einer Fräse erfolgen. Im Falle von Wurzelunkräutern sollte auf den Einsatz einer Fräse verzichtet werden, da auf diesem Wege die Wurzeln zerkleinert und die Ausbreitung der Art noch verstärkt wird. Samenunkräuter können hingegen mit der Fräse oder Kreiselegge in Zaum gehalten werden.

Wenn Sie eine Rasenfläche aufwerten möchten, können Sie diese stark abmähen und die Mahd abtragen. Anschließendes Fräsen oder Grubbern verletzt die Grasnarbe und ermöglicht ein besseres Gedeihen des Saatguts.


Schritt 3

Die Bodenruhe

Nach der Vorbereitung des Saatbetts bis in tiefere Bodenlagen (15-20 cm) braucht der Boden etwas Ruhe, um sich setzen zu können. Alle Bodenteilchen wurden gelockert und umstrukturiert. Eine Bodenruhe von 3 bis 4 Wochen gibt dem Boden die Zeit, sich wieder neu zu ordnen und zu verbinden. Nur so ist eine effektive Versorgung der Blumensamen mit Luft und Wasser möglich.


Schritt 4

Die Aussaat

Der Zeitpunkt

Die Aussaat des Wildblumensamens kann entweder im Frühjahr (März bis April) oder auch im Frühherbst (August bis Mitte September) durchgeführt werden. Die Herbsteinsaat wird hinsichtlich des höheren Feuchtigkeitsangebots im Winterhalbjahr und der dadurch höheren Keimungsrate empfohlen. Einige Pflanzen, die sogenannten Frostkeimer, benötigen zudem den Impuls von kalten Temperaturen für die Keimung.

Die Menge an Samen

Die Saatgutmenge pro Quadratmeter variiert nach Samenmischung zwischen 1 bis 6 g/m². Die Schwierigkeit solch geringer Saatgutmengen entsteht bei der Verteilung des Samens auf der Fläche. Als Hilfsmittel können Füllstoffe wie Sand, Soja- oder Maisschrot verwendet werden. Letzteres sollte allerdings nicht bei hohen Beständen von Schwarzwild und Tauben in der näheren Umgebung verwendet werden.

Die Einsaat und das Anwalzen

Vor der direkten Aussaat sollte der Boden oberflächlich (maximal 5 cm) mit einem Rechen gelockert werden. Auf diesem Saatbett kann die Wildblumenmischung eingesät werden. Danach sollte keine weitere Einarbeitung stattfinden. Jedoch ist das Anwalzen bzw. Andrücken des Saatguts ein wichtiger Schritt. Hierbei erhalten die Samen direkten Kontakt mit dem Erdreich und werden so mit Wasser versorgt.

Der Schutz vor Erosion, Vogelfraß und Frost

Besteht ein erhöhtes Risiko von Erosion, Frost, Austrocknung an steilen Flächen oder auch Vogelfraß des Samens, so kann die Fläche mit unkrautfreiem Heu oder Strohmulch (500 g/m²) abgedeckt werden.


Schritt 5

Das Feuchthalten des Saatguts

Neben dem Licht spielt auch die Feuchtigkeitszufuhr für die Keimung der Samen eine besondere Rolle. Daher sollten die Wildblumensamen in den ersten 4 bis 5 Wochen durchgängig feucht gehalten werden. Eine niederschlagsreichere Periode im Herbst ist daher wünschenswert.

Die Geduld

Je nach Bodenbeschaffenheit und Witterungsverhältnissen entwickeln sich die Pflanzen der Blumenwiese unterschiedlich schnell. Insbesondere Trockenheit kann die Keimung und den weiteren Entwicklungsprozess der Pflanze stark einschränken. Die Bodenbedeckung kann daher im ersten Jahr nach Einsaat noch unvollständig sein. Dennoch lohnt sich die Geduld: Bei guten Bedingungen kann man schon im Folgesommer zahlreiche farbenfrohe Blumen auf der Fläche erkennen.

Sobald die Wildblumenwiese richtig angewachsen und mit dem Boden stark verwurzelt ist, kann diese Pflanzengemeinschaft Stresssituationen wie Trockenheit überstehen und somit den Bienen wie auch den Menschen viel Freude bereiten.


Schritt 6

Die Pflege

Die Blumenwiese muss pro Jahr 1 bis 3-mal gemäht werden.
Die Blüte der Margerite kann hier für die erste Mahd als Leitpflanze dienen (Anfang/Mitte Juni). Die letzte Mahd findet spätestens im September statt. Zudem gilt: Je magerer die Wiese ist, desto später wird gemäht. Unerwünschte Beikräuter sollten in der Anfangsphase sehr intensiv reguliert werden, um sie im Wachstum zu schwächen und eine weitere Vermehrung zu unterbinden. Daher sollte in den ersten 8-10 Wochen mehrfach ein Schröpfschnitt auf 5-6cm Wuchshöhe erfolgen. Das Mahdgut muss abgetragen werden.

Gemäht wird vorzugsweise mit der Sense oder dem Balkenmäher.
Hierbei können in der Wiese lebende Tiere wie Amphibien das Gebiet ohne Bedrohung verlassen. Das Mahdgut sollte immer abgetragen werden. Es ist hilfreich, das Mahdgut noch einige Tage auf der Fläche trocknen zu lassen. Dann können auch die letzten Insekten die gemähten Pflanzen verlassen. Zudem kann die Ausbreitung der verschiedenen Arten durch eine Notreife der Samen noch deutlich gefördert werden.

Bitte nicht mulchen!
Dies führt zum Ersticken einiger Wildblumenarten und zu einer ungewollten Nährstoffanreicherung. Das Mahdgut sollte daher immer abgetragen werden.

Tipp: Abschnittsweises Mähen
Da die Insektenentwicklung häufig an bestimmte Pflanzenstadien gebunden ist, sollte die Fläche abschnittsweise gemäht werden. Die so entstehenden Altgrasstreifen können dann als Rückzugsort und als wichtiger Überwinterungsplatz dienen.


Schritt 7

Es summt und brummt!

Wiesenhummel, kleiner Admiral oder rote Mauerbiene: Die Wildblumenwiese bietet für jeden Nektar- und Pollenliebhaber ein breites Nahrungsangebot.

Nun geht es darum, diese Vielfalt an Tieren und Pflanzen zu sehen und zu verstehen. Welche Pflanze blüht dort in gelb? War das eben ein Schwalbenschwanz? Was summt hier neben mir?

Für Groß und Klein bieten bunte Blumenwiesen die Möglichkeit, die spannende Welt der Insekten und Pflanzen mit Lupe und Bestimmungsbuch neu zu entdecken.

Was summt und brummt denn hier?

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